Die Gruppe untersucht die Aktivität von Kometen und Asteroiden. Die Kleinkörper im Sonnensystem, zu denen auch Kometen und Asteroiden gehören, sind Überreste der Planetenentstehung. In den ca. 4,5 Milliarden Jahren seit ihrer Entstehung waren diese Körper jedoch einer Vielzahl von Prozessen ausgesetzt, die ihre Struktur und Zusammensetzung beeinflusst haben können. Es ist daher nicht offensichtlich, welche Schlussfolgerungen auf ihre ursprünglichen Eigenschaften wir von ihrem gegenwärtigen Zustand ziehen können. Die Freisetzung von Gas und Staub (=Aktivität) durch einen Kometen oder Asteroiden ist ein Nebenprodukt von gegenwärtig ablaufenden Erosionsprozessen. Die Untersuchung der Aktivität liefert Aufschluss darüber, wie sich Kometen und Asteroiden mit der Zeit verändern, und welche Eigenschaften ihre Oberfläche und die darunter liegenden Schichten aufweisen. Wir verfolgen einen interdisziplinären Ansatz um die Aktivität und das abgetragene Material zu untersuchen. Dazu analysieren wir Daten, die von der Raumsonde Rosetta der Europäischen Weltraumagentur ESA am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko aufgenommen wurden, und Daten von bodengebundenen Teleskopen und Weltraumteleskopen. Die Verbindung zwischen verschiedenen Datensätzen wird durch numerische Modellierung physikalischer Prozesse hergestellt.
Staubfontäne auf dem Kometen 67P-Churyumov-Gerasimenko. Dieser Helligkeitsausbruch wurde am 3. Juli 2016 von mehreren Rosetta-Instrumenten detektiert und dauerte nicht länger als eine Stunde (Agarwal et al., 2017)
© ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Die Daten von Rosetta zeigen, dass die Aktivität des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko unter anderem durch dessen Topographie, Kerngestalt, Umlaufbahn um die Sonne und die Ausrichtung der Rotationsachse beeinflusst wird, und dass verschiedene Prozesse zur Aktivität beitragen. Die Aktivität hat eine reguläre Komponente, die sich periodisch mit der Eigenrotation des Kerns wiederholt, und eine irreguläre Komponente, die sich in scheinbar spontanen Helligkeitsausbrüchen zeigt. Sie unterliegt ferner einem jahreszeitlichen Wandel. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Aktivität durch die Energie der Sonneneinstrahlung unterhalten. Aber die genauen Abläufe, die zum Abheben und Beschleunigen von Staub und Trümmerteilen führen, sind weitgehend unverstanden. Wir untersuchen die Aktivität aus der Perspektive mehrerer Rosetta-Instrumente, um die Eigenschaften des freigesetzten Materials und die durch Aktivität verursachten Veränderungen an der Oberfläche festzustellen. Das Verständnis dessen, wie Sonneneinstrahlung die oberen Schichten eines Kometen verändert, wie Energie dort gespeichtert und wieder freigesetzt wird, liefert uns Erkenntnisse über die Struktur und Zusammensetzung des Kometenmaterials.
Der aktive Doppelasteroid 288P (300163). Dieses Bild wurde am 22. August 2016 mit der Wide Field Camera 3 des Hubble-Weltraumteleskops aufgenommen und zeigt das Doppelasteroidensystem 288P, während es nahe seines sonnennächsten Punktes Staub emittiert. Dieser bildet unter dem Einfluss des Strahlungsdrucks der Sonne einen kometenähnlichen Schweif aus. Der Grund für die Staubaktivität ist wahrscheinlich die Sublimation von Wassereis (Agarwal et al., 2017).
© NASA, ESA und J. Agarwal (Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)
Kometen haben einen Großteil der Zeit seit ihrer Entstehung im kalten äußeren Sonnensystem jenseits der Neptunbahn verbracht. Asteroiden dagegen umkreisen die Sonne unter wärmeren Bedingungen zwischen den Bahnen des Mars und des Jupiters, so dass sie an vielen leicht flüchtigen Bestandteilen abgereichert sind. In den vergangenen Jahren wurde bei ca. 20 Asteroiden temporäre Staubaktivität beobachtet. Diese Asteroiden unterteilen sich in mindestens zwei Untergruppen. Bei einer dieser Untergruppen wird die Aktivität wahrscheinlich durch sublimierendes Eis, ähnlich wie bei Kometen, verursacht. Die Aktivität der anderen Untergruppe wird durch instantane Vorgänge wie Einschläge oder das Auseinanderbrechen infolge schneller Rotation verursacht. Wir beobachten aktive Asteroiden mit bodengebundenen Teleskopen und mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Aus dem Erscheinungsbild und der zeitlichen Veränderung des Staubschweifs, hervorgerufen durch Gravitation und Strahlungsdruck der Sonne, rekonstruieren wir die Anfangsgeschwindigkeit und Größenverteilung des Staubs und den Zeitpunkt und die Dauer der Aktivität. Diese Parameter liefern Hinweise auf die Art des Freisetzungsprozesses. Zusätzlich messen wir die Rotationsperioden aktiver Asteroiden. Das Ziel dieser Untersuchungen ist, die relative Bedeutung verschiedener Emissionsprozesse zu ermitteln.
Eis in Kometen und Asteroiden
Ca. 1m große Trümmerteile über der Oberfläche des Kometen 67P. Dieses Bild ist aus 20 Einzelaufnahmen der OSIRIS-Kamera auf Rosetta zusammengesetzt, die innerhalb von sechs Minuten am 6. Januar 2016 aus einer Entfernung von 86km aufgenommen wurden. Die Punktreihen bilden die Bewegung einzelner Teile über den Zeitraum der Aufnahmen ab. Es ist möglich, dass die Trümmerstücke noch Eis enthalten und ausgasen (Agarwal et al., 2016).
© ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Das Mischungsverhältnis und der Grad der Vermischung von Staub und Eis in Kometen beziehungsweise Asteroiden ist derzeit Gegenstand der aktuellen Forschung. Diese Aspekte sind von maßgeblicher Bedeutung für das Verständnis der Entstehung der Planeten und ihrer Vorläufer.
Wir untersuchen das Verhältnis von Staub zu Eis in Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko in großen Trümmerstücken, die möglicherweise Eis enthalten, durch numerische Modellierung ihrer thermischen Eigenschaften und ihrer Bewegung.
Eine Bestimmung des gegenwärtigen Wassereisgehalts von Kometen und Asteroiden ist relevant für das Verständnis der Herkunft des Wassers auf der Erde. Denn beide Populationen von Kleinen Körpern könnten in einer früheren turbulenten Entwicklungsphase des Sonnensystems vor ungefähr 4 Milliarden Jahren beträchtliche Mengen an Wasser durch Einschläge auf unsere Erde gebracht haben.
Einzelne Staubteilchen des Kometen 67P, die vom Staubkollektor COSIMA auf Rosetta eingesammelt und fotografiert wurden. Die Abbildungen zeigen unterschiedliche morphologische Erscheinungsbilder des Kometenstaubs. Es wurden sowohl kompakte Teilchen (hier "Andrzej”) als auch fragilere Aggregate beobachtet (Hilchenbach et al., 2016).
© ESA/Rosetta/MPS für COSIMA Team MPS/CSNSM/UNIBW/TUORLA/IWF/IAS/ESA/BUW/MPE/LPC2E/LCM/FMI/UTU/LISA/UOFC/vH&S
Die meisten Kometen und Asteroiden sind uns nur durch die Beobachtung gestreuten Sonnenlichts oder thermischer Strahlung zugänglich. Um derartige Beobachtungen zu interpretieren, muss man die optischen und thermischen Eigenschaften des Materials in Verbindung zu anderen, meist nicht direkt messbaren Eigenschaften setzen. Solche Parameter sind zum Bespiel die Größenverteilung, Dichte, Struktur und Zusammensetzung, und sie wurden von verschiedenen Rosetta-Instrumenten und in den von den Raumsonden Stardust und Hayabusa zur Erde gebrachten Proben untersucht. Wir verbinden diese Daten mit Modellen der Lichtstreuung und Wärmestrahlung, um ein umfassendes Bild der Eigenschaften von Kometenstaub zu erlangen.
Komet 67P in einem größeren Zusammenhang
Der Trümmerschweif (Debris Trail) des Kometen 67P. Das Aufnahme wurde mit dem Spitzer-Weltraumteleskop gemacht, als 67P im April 2006 in der Nähe seines sonnenfernsten Punkts war. Der Pfeil zeigt auf den Kometenkern, alle anderen Punktquellen im Bild sind Hintergrundobjekte oder Asteroiden. Der Trümmerschweif besteht aus mindestens millimetergroßen Teilchen, die durch den Strahlungsdruck der Sonne nur wenig beeinflusst werden und daher für die Dauer mehrerer Sonnenumläufe in der Nähe des Kometen bleiben (Agarwal et al., 2010).
© NASA/JPL-Caltech/J. Agarwal (Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)
Raumsonden können nur eine kleine Anzahl von Körpern im Sonnensystem erforschen. Für die Mehrzahl der Kleinkörper sind wir auf Beobachtungen mit Teleskopen angewiesen. Wir untersuchen mittels numerischer Rechnungen zur Staubbewegung, wie sich Prozesse in der unmittelbaren Nähe des Kometen im Erscheinungsbild seines Schweifs widerspiegeln, und wie sich individuelle Faktoren eines Kometen (z. B. Jahreszeiten, Kerngestalt und Helligkeitsausbrüche) auf dessen Schweif auswirken. Dadurch können wir das Potential und die Grenzen bodengebundener Beobachtungen von Kometen besser einschätzen.
This group is funded by the European Research Council (ERC) under the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme (grant agreement No 757390).
Erstmals ausgewertete Daten der NASA-Mission Dawn legen nahe, dass im Urvara-Krater Sole aus der Tiefe empordrang und organische Verbindungen abgelagert wurden.
Der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko hat zum ersten Mal seit Ende der Rosetta-Mission seinen sonnennächsten Punkt erreicht und ist derzeit der Erde sehr nahe. Im Interview sprechen die MPS-Wissenschaftler Dr. Holger Sierks und Dr. Carsten Güttler über eine Wiederkehr zum Rosetta-Kometen, Kometensimulationen im Labor und das Kalibrieren von 70.000 Aufnahmen.
Erst im Laufe von einigen Millionen Jahren hat das transneptunische Objekt Arrokoth seine bizarre, pfannkuchenflache Form erhalten
Die amerikanische Weltraumagentur ehrt den MPS-Wissenschaftler für seine Beiträge zur Erforschung des Asteroidengürtels.
Eine aktuelle Briefmarke der Deutschen Post würdigt die europäische Kometenmission Rosetta.
Der OSIRIS Image Viewer macht alle Bilder, die das wissenschaftliche Kamerasystem OSIRIS vom Rosetta-Kometen 67P eingefangen hat, bequem im Internet zugänglich.
Nach mehr als elf Jahren im All ist die Kommunikation zur NASA-Raumsonde Dawn wie erwartet abgerissen. Der Treibstoff ist endgültig verbraucht; die operative Mission ist zu Ende.
Interview mit Dr. Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Leiter des Kamerateams der Weltraummission Dawn, zum bevorstehenden Ende der Mission.
Die NASA-Raumsonde Dawn sendet erste Bilder aus ihrer tiefsten Umlaufbahn um den Zwergplaneten Ceres. Sie zeigen Teile des Occator-Kraters so detailreich wie nie zuvor.
Alle Aufnahmen, die das wissenschaftliche Kamerasystem OSIRIS im Laufe der zwölfjährigen Kometenmission Rosetta gemacht hat, sind nun öffentlich zugänglich.
Die letzten Monate der Mission am Zwergplaneten Ceres sollen Aufnahmen aus weniger als 50 Kilometern Höhe liefern.
Vor allem die unregelmäßige Form des Rosetta-Kometen bestimmt die Verteilung von Gas- und Staub in seiner Atmosphäre.